Die Tinnitus-Phasen im Detail
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1. Phase | Akutphase
Akutphase
Die Akutphase eines Tinnitus beläuft sich auf den Zeitraum vom ersten Auftreten des Symptoms bis zu maximal sechs Wochen. Ihr erster Weg sollte zu Ihrem HNO-Arzt oder Hausarzt führen, der dann die nötigen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen einleitet!
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2. Phase | Subakutphase
Subakutphase
Diese Übergangsphase im Zeitraum von sechs Wochen bis zu drei Monaten nach dem erstmaligen Auftreten der Ohrgeräusche bezeichnet man als Subakutphase. Zu diesem Zeitpunkt sind in der Regel bereits alle diagnostischen und schulmedizinischen Maßnahmen abgeschlossen, so dass viele Patienten mit der Tatsache konfrontiert sind, dass der Behandlungserfolg nur unzureichend ist.
Diese Erkenntnis führt häufig zu einer weiteren Verunsicherung und Verschlimmerung der Symptomatik. Betroffene entwickeln eigene Verhaltensweisen, um Ihre Lebenssituation zu verbessern, die nicht selten zum Gegenteil führen (z. B. Vermeidung größerer Geräuschkulissen u.ä.). Das Hören bekommt eine zunehmend wichtige Funktion für die Patienten, den Reaktionen des Gehörs wird immer mehr Aufmerksamkeit entgegen gebracht. Ein Teufelskreis beginnt: Der Patient konzentriert sich immer mehr auf das Ohrgeräusch (Fokussierung), wodurch die Störung durch das Ohrgeräusch immer weiter zunimmt.
Auch in dieser Phase sind die Behandlungsmöglichkeiten sehr vielfältig und erfolgreich. Der Patient muß aktiv unterstützt werden, sinnvolle Verhaltensweisen zu erlernen. So kann eine Defokussierung vom Ohrgeräusch erreicht werden, bis hin zum totalen Überhören der Ohrgeräusche.
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3. Phase | Chronische Phase
Chronische Phase
Unter einem chronischen Tinnitus versteht man eine Symptomatik, die bereits länger als 3 Monate besteht. Auch in dieser Phase steht die Defokussierung von den Ohrgeräuschen im Mittelpunkt. Allerdings belasten in vielen Fällen nicht nur die Ohrgeräusche, sondern auch vielfältige Sekundärsymptome, die durch Ohrgeräusche ausgelöst wurden und zur Verschärfung der Situation beitragen, wie z.B. Schlafstörungen, Depressionen, Spannungskopfschmerz, psychogener Schwindel etc. In dieser Phase angelangt, resignieren viele Betroffene („da kann man nichts mehr machen“). Diese Annahme ist definitiv falsch! Unsere Studie in Zusammenarbeit mit der Universität Witten/Herdecke zeigte bei 700 Patienten sehr deutlich, dass die Dauer der Beschwerden für den Behandlungserfolg nicht maßgeblich ist! Auch nach Jahren massiver Störungen durch Ohrgeräusche ließen sich bei unseren Patienten erhebliche Linderungen erreichen, die in manchen Fällen bis zum vollkommenen Verschwinden der Ohrgeräusche führten! Wichtig zu wissen ist:
Nicht jedes chronische Ohrgeräusch ist behandlungsbedürftig!
Ca. 90% der betroffenen Patienten können gut mit dem Ohrgeräusch leben. Sie haben einen sog. kompensierten Tinnitus, der nicht behandlungsbedürftig ist.
Nur bei ca. 10% der Betroffenen liegt ein dekompensierter Tinnitus vor, der behandelt werden sollte. -
4. Phase | Hyperacusis
Hyperacusis
Unter Hyperacusis versteht man eine Störung, die häufig mit Tinnitus einhergeht. Es handelt sich hier um eine Geräuschempfindlichkeit, die unabhängig von der Hörfähigkeit besteht. Ein Phänomen, das für die Betroffenen den Eindruck erweckt, mehr und besser zu hören. Geräusche oder Musik in einer ganz normalen Lautstärke werden als unangenehm laut und sogar belastend empfunden. In Extremfällen wird schon das Rauschen einer Klimaanlage oder auch die eigene Stimme als quälend empfunden. Bei der Hyperacusis handelt es sich um ein vorübergehendes Phänomen, das durch eine Desensibilisierung gegenüber Geräuschen durch psychoakustische Reize (Auditive Stimulations Therapie AST®) sehr gut behandelbar ist.
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5. Phase | Phonophobie
Phonophobie
Im Gegensatz zur Hyperacusis besteht die Phonophobie nicht in einer generellen Störung der Geräuschempfindlichkeit, sondern bezieht sich vielmehr auf einzelne Schallereignisse. Wie z.B. bei der Flugangst handelt es sich hierbei eher um ein psychologisches Problem, bei dem Geräusch-Erleben mit bestimmten Negativ-Erfahrungen in Verbindung gebracht wird. So können Menschen, die z.B. in Folge eines Konzertbesuches einen Tinnitus bekamen, Aversionen oder gar Ängste gegenüber solchen Konzertbesuchen entwickeln und diese meiden. In diesen Fällen ist eine verhaltenstherapeutische Vorgehensweise (Psychologisches Immunisierungstraining PIT®) sinnvoll, die anstelle der Vermeidung der Situation die schrittweise Gewöhnung daran zum Ziel hat, um den Ängsten entgegenzuwirken.